In Schweden haben die Bücher von Tomas Sjödin seit vielen Jahren eine große und begeisterte Leserschaft. Auf Deutsch sind sie erst seit wenigen Jahren zugänglich, und es ist mir eine Ehre, die Übersetzerin sein zu dürfen.
Ein zweiter Band mit Tomas Sjödins Kolumnen aus Göteborgs Posten. Hier eine Kostprobe:
Letzte Woche war ich in einer mittelgroßen Stadt in Finnland zu Besuch, in jenem Teil des Landes, in dem Schwedisch gesprochen wird. Bevor ich vom Hotel abgeholt und zum Vortragssaal gefahren werden sollte, wollte ich die kurze freie Zeit nutzen, um in der Stadt eine Kleinigkeit zu essen. Ich ging aufs Geratewohl los und bog dann in eine Straße ein, von der ich annahm, sie könnte vielleicht die Geschäfts- und Gastronomiemeile der Stadt sein. Doch hier sah es öde aus.
Ein wenig entfernt erblickte ich einen Mann, der gerade dabei war, ein provisorisches Geländer für einen Haus zu zimmern, dessen Eingang erneuert wurde. Der kennt sich hier aus und ist sicher ein guter Wegweiser, dachte ich sofort.
„Entschuldigen Sie bitte“, unterbrach ich ihn in seiner Arbeit. „Wo ist hier das Zentrum?“
Er schaute mich an, als wäre ich ein Vollidiot. Dann sagte er kurz und knapp: „Hier.“
Während er das einzige Wort aussprach, das er zu unserer Konversation beitrug, zeigt er mit der Säge auf den Boden unter seinen Füßen, als wollte er sagen: „Zentraler als hier geht nicht.“ Dann wandte er sich wieder dem Holz zu. Ich dankte ihm, bog noch einmal ab und fand alles, was die Stadt zu bieten hat: Schnellrestaurants, Geschäfte mit Mumin-Artikel für Kinder und noch dies und das.
Erst später ging mir auf, dass der Mann mit der Säge ein wortkarger, aber scharfsinniger Philosoph war, der verstanden hatte, dass das Zentrum immer dort ist, wo man sich gerade befindet.
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